Segeln mit Akka

Channel Islands

Um 0555 am 31.5. mache ich Akka von der Warteboje los und unter Motor wenden wir uns nach Nordosten. Etwas später kommt das Großsegel dazu, aber viel Wind ist bisher nicht. In Richtung der Sept Îles sind kleine Zeichen von Nebel zu sehen, aber er hält sich noch in Grenzen. Im Süden ist die französische Küste noch klar zu erkennen.
IMG_20250531_071124_Französische Küste im Dunst
Der Wind kommt aus Nordwest mit vielleicht 1-2 Bft und ich scheine schon etwas helfende Strömung erwischt zu haben. Der Abfahrtszeitpunkt war gut gewählt. Die sehr ruhige See scheint es zu begünstigen, daß sich krautige Wasserpflanzen zu Teppischen zusammenschließen, die ich versuche zu umfahren. Da sie aus der niedrigen Höhe von Akkas Cockpit nicht ganz einfach zu erkennen sind, erwische ich manche, die sich dann im Propeller verfangen und mit dem Bootshaken entfernt werden wollen. Nervig! Dadurch kann ich auch nicht unter Autopilot fahren, sondern muß von Hand steuern.
Es geht mit knapp unter sechs Knoten über Grund gut voran. Um halb elf bin ich schon 5 NM westlich der Roches Douvres. Leider ist der tolle Leuchtturm nicht zu erkennen, wodurch ich allerdings besser einschätzen kann, wie stark der Nebel tatsächlich ist. Teilweise zeigt er sich jetzt stärker und ich nehme den Radarwarner wieder in Betrieb, der mich zusätzlich zum AIS vor nahenden Schiffen warnen soll. Das tut er auch, und ich sehe ein paar Yachten, die mir von Guernsey entgegenkommen, die zwar offenbar mit Radar aber nicht mit AIS ausgestattet sind. 1-2 Meilen Sicht dürften es jetzt noch sein.
Ich hoffe, daß die Sonne und der Wind sich bald bemerkbar machen, und den Nebel auflösen. Zumindest der Wind hilft gegen Mittag etwas, die Wasserpflanzen zu zerstreuen. Um 1240 kommt zum erstenmal Guernsey in Sicht. Noch 13 NM sind es jetzt bis St. Martin. Um 1300 scheint auch die Sonne prächtig, und es kommt mir ein großer Pulk der Regatta des Télégramme entgegen. Die wollen alle nach Perros-Guirec - ich bin froh, daß ich schon weg bin, denn dort wird es heute Abend voll.
Eine Stunde später bin ich mitten im Pulk bei fast Flaute. Immerhin sind die anderen nicht besonders schnell und ich kann mich gut freihalten. Ich tanke ein bißchen aus einem Kanister nach. Der Gezeitenstrom kommt jetzt mehr aus Ost und bremst mich etwas, aber knapp vier Knoten über Grund sind noch drin.
IMG_20250531_141907_Küste von Guernsey
Als ich der Landzunge bei St. Martin näherkomme, wird es wieder etwas diesig und kühler aus Westen. Die Westseite der Insel verschwindet langsam in einer aufziehenden Nebelwand, während ich gegen der starken Strom, der aus dem Little Russel entgegenkommt, immer langsamer vorankomme. Es wird schnell klar, daß ich keine Chance habe, vor der heranziehenden Nebelwand bis nach St. Peter Port zu kommen, oder eine Ankerbucht im Little Russel anzusteuern. Glücklicherweise hatte ich bei der Recherche nach potentiell geeigneten Ankerbuchten um Guernsey die kleine Bucht Moulin Huet Bay direkt westlich von St. Martin Point entdeckt. Der östliche Teil der Bucht wird Petit Port genannt, was ein gutes Zeichen ist. Schnell ist die Entscheidung getroffen, die Bucht anzulaufen und dort vor Anker die weitere Entwicklung abzuwarten.
Um 1615 (MESZ - Lokalzeit ist hier eine Stunde früher) faßt der Anker in der kleinen Bucht zwischen imposanten Felsen. Eine Yacht einer Segelschule gesellt sich kurz danach noch dazu. Die Nebelwand ist dann auch sehr schnell da, und die Sicht wird sehr schlecht. Ich nutze die Zeit derweil für ein Nickerchen und mache mir danach ein frühes Abendessen.
IMG_20250531_151142_Felsküste im Nebel
IMG_20250531_152057_Küste mit Nebelresten
Um kurz nach sieben hole ich den Anker wieder auf und verlasse die Bucht mit dem Ziel Victoria Marina. Der Nebel hat sich wieder aufgelöst und es ist etwas frischer geworden. Dafür ist der Strom, der im Little Russel nach Süden gesetzt hat, jetzt schwächer geworden und sollte in Kürze auch nach N drehen.
IMG_20250531_181033_Felsen
Gut eine Stunde später habe ich im Vorhafen der Marina längsseits an einer anderen Yacht festgemacht, um auf die Öffnung der eigentlichen Marina zu warten. Es dauert rund zwei Stunden, bis das Wasser hoch genug über der Schwelle an der Einfahrt steht, die Boote am Wartesteg einen Platz zugewiesen bekommen haben und Akka endlich einfahren darf. Diesmal ist hier wesentlich weniger los als letztes Jahr im Sommer. Die Überfahrt war unterm Strich deutlich angenehmer als die Fahrt von hier nach Roscoff, was sicherlich nicht zuletzt der besseren Nutzung der Strömung geschuldet ist...
IMG_20250601_132014_St Peter Port
IMG_20250601_145425_Hafen mit wenig Booten
Ich bleibe wieder für zwei Nächte, wie beim letztenmal. Das Wetter ist deutlich besser und ich kann mir auch den Ort ansehen.
IMG_20250601_141237_Entfernungsscheibe
IMG_20250601_192707_Hafen und Blumen
Bei der Tankstelle hole ich mir wieder ein paar Liter blauen Sprit, der offenbar steuerreduziert und damit nur so teuer ist wie auf dem Festland. Um am nächsten Vormittag den richtigen Zeitpunkt zur Abreise zu erwischen, mache ich abends mit steigendem Wasser noch eine Validierung meiner Berechnung, und sehe mir an, wann die Flut die Hafenschwelle erreicht. Erstaunlicherweise klappt das auf ungefähr zehn Minuten genau!
IMG_20250601_192108_Schwelle
Am Montag, den 2.6. lasse ich schließlich St. Peter Port achteraus und fahre im Little Russel nach Norden. Das Timing ist gut, auch wenn hier erst noch etwas Strom gegenan steht. Die Navigation ist wieder etwas schwierig, weil ich die Entfernungen schlecht einschätzen kann. Es ist nicht einfach, das Kartenbild und die Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Noch dazu ist hier einiges an Verkehr und ein Kreuzfahrtschiff ist hier eben vor Anker gegangen und die Beiboote fahren ohne Rücksicht auf Verluste ihre menschliche Fracht nach St. Peter zum Sightseeing. Ich bin froh, als ich Little Russel gegen halb elf verlasse und Kurs auf Alderney nehmen kann.
IMG_20250602_102905_Guernsey Achteraus
Ein paar anderen Yachten sind auf demselben Kurs unterwegs und überholen mich kurz vor der Südspitze von Alderney. Das gibt ein gutes Gefühl, daß ich mit meiner Berechnung der Tide nicht ganz falsch liege.
IMG_20250602_130251_Alderney voraus
Entsprechend der Empfehlungen im Revierführer halte ich mich in der Swinge, die nordwestlich an Alderney vorbeiführt, recht nah an der Küste, denn weiter draußen sollen sich Overfalls bilden, wenn verschiedene Strömungen und Tiefen aufeinandertreffen. Offenbar bin ich von unserer kleinen Flotille der einzige, der das gelesen hat, denn die anderen fahren mittendurch und werden ziemlich übel durchgeschaukelt! An der Geschwindigkeit über Grund kann man leicht erkennen, was hier passiert. Bei der Einfahrt in the Swinge machen wir noch 7 kts, aber auf Höhe der langen Mole von Braye Harbour sind es nur noch drei!
Um 1505 ist es dann geschafft und Akka ist an der Muringboje No. 10 festgemacht. Auch hier ist es wesentlich ruhiger als letztes Jahr.
IMG_20250602_174115_Muringfeld
Das Wetter ist am nächsten Tag sehr windig und es soll etwas regnen, deswegen bleibt Akka im Hafen und ich mache lasse mich mit dem Wassertaxi an Land bringen. Diesmal will ich mir den Westteil der Insel ansehen. Das Fort Tougis wurde mir zur Besichtigung empfohlen, mit dem Hinweis, daß man auf die Warnschilder keine Rücksicht nehmen müsse. Ich bin trotzdem vorsichtig.
IMG_20250603_123318_Fort und Küste
IMG_20250603_123859_Fort
IMG_20250603_124046_Fort Tourgis
The Swinge zeigt sich bei dem starken Wind gegen die Strömung sehr aufgewühlt. Hier möchte ich jetzt nicht durch müssen.
IMG_20250603_123309_Swinge bei Seegang
An der Nordküste entlang laufe ich vom Fort aus weiter nach Westen.
IMG_20250603_124509_Nordküste
IMG_20250603_125052_Baumtunnel
An der Westspitze der Küste muß ich mich kurz vor einem Schauer verstecken, aber bald kann ich weiter, um den Flugplatz der Insel zu umrunden. Eine alte Zweimot dient hier mutmaßlich als Übungsobjekt der Flugplatzfeuerwehr. Oder man hat sie nach einem Landeunfall einfach dort liegengelassen.
IMG_20250603_130451_Flugplatz Alderney
Rechtzeitig bevor der kräftige Regen einsetzt, hat mich das Wassertaxi zurück zu Akka gebracht. Der Taxiskipper hat nicht ganz soviel Glück, aber der ist es zumindest gewöhnt, naß zu werden. Ich nutze den Rest des Tages, um ein Brot zu backen, und die Überfahrt nach Cherbourg am nächsten Tag zu planen. Alderney ist auf jeden Fall auch einmal einen längeren Aufenthalt wert und nicht nur ein schönes Zwischenziel!
IMG_20250604_112442_Abfahrt aus Braye Harbour
IMG_20250604_112449_Molenkopf Braye