Segeln mit Akka

Cotentin

Für Mittwoch, den 4. Juni ist Südwestwind mit 3-4 Bft angesagt, der erst schwächer sein und später zunehmen soll. Das kann mir recht sein, denn gegen später sollte ich schon im Lee der Halbinsel Cotentin sein. Ganz bis nach St. Vaast werde ich es heute nicht schaffen, denn ich komme mit den Strömungen nicht auf eine gute Lösung, um die Strecke bei Tageslicht zu bewältigen. Also plane ich einen Zwischenstop in Cherbourg ein - dort sollte man ohnehin mal gewesen sein.
Ich verlasse meine Muring im Braye Harbour kurz nach 1200 unter Fock und gehe nördlich der imposanten Felsküste von Alderney auf Ostkurs. Der Raz Blanchard bzw. Alderney Race ist berüchtigt für seine starke Strömung, aber jetzt steht nur noch etwas Strom nach Süd, der bald kentern wird. Der Seegang ist allerdings ganz schön konfus. Kurz vorher stand der Strom noch gegen den Wind und das merkt man noch. Zum Cap de La Hague ist es zum Glück nicht sehr weit. Von Alderney aus kann man die Küste schon sehen. Um 1400 bin ich schon 3 NM nordwestlich des Kaps und setze das Großsegel im zweiten Reff. Und wenn ich schonmal an Deck bin, kann ich auch gleich die Gastlandflagge auswechseln.
IMG_20250604_150016_Zurueck in Frankreich
Kurze Zeit später, jetzt nördlich des Kaps, ist der Seegang fast verschwunden. Vermutlich wurde er von der starken Strömung, die mich jetzt kräftig schiebt, plattgebügelt. Mit über 7 kts über Grund komme ich schnell voran. Die gewaltige äußere Mole von Cherbourg kann ich schon erkennen. Gegen 1700 fahre ich in den Chenal Ouest des riesigen Vorhafens ein. Kräftige Böen machen das Bergen des Großsegels etwas anstrengender als sonst. Natürlich kommen mir gleichzeitig zwei Fähren aus Cherbourg entgegen, von denen ich mich besser fernhalte.
IMG_20250604_164543_Fähre Cherbourg
Von der äußeren Mole bis zum inneren Hafen ist es noch erstaunlich weit. Erstmal muß ich durch den Passe du Homet, dann noch fast eine Meile am Marinehafen vorbei und durch eine dritte Hafeneinfahrt in die Marina Port Chantereyne.
IMG_20250604_171422_Hafen von Cherbourg
Die Marina ist riesig, aber ich finde einen schönen Platz am Steg J, der laut Revierführer für Passanten gedacht ich. Leider sagt die Capitainerie etwas anderes und ich muß Akka an einen Steg weiter draußen umlegen, wo die Boxen eigentlich viel zu groß für sie sind. Die Marina ist gut gepflegt, aber etwas arg weitläufig und das Zugangssystem zu den Stegen ist umständlich. Immerhin ist es nicht weit bis in die Stadt. Ich bleibe hier für zwei Nächte und nutze einen freien Tag, um mich umzusehen und ein bißchen einzukaufen.
IMG_20250606_105014_Basilique Sainte Trinite
Am Freitag, den 6.6. mache ich mich wieder auf den Weg. Durch die Verschiebung der Gezeiten ist es schon 1300 als ich auslaufe. Schon als ich die Petite Rade verlasse, setze ich die Fock und schalte den Motor ab. Zum Glück ist gerade kein Fährverkehr - mal von Sorcerer II abgesehen, die nach Alderney fährt. Aber das ist nur ein größeres Motorboot und kommt mir nicht in die Quere.
Es ist heute schön zu segeln und es sind noch ein paar andere Boote unterwegs. Alle fahren hier von Kardinalstonne zu Kardinalstonne, um den Küste nicht zu nahe zu kommen. Zwischenzeitlich setze ich mal das Groß im zweiten Reff, aber der Wind und die Strömung nehmen zu, sodaß ich es bald wieder wegpacke. Platt vor dem Wind ist es mit der Fock alleine auch schnell genug. Um 1700 liegt die berüchtigte Pointe de Barfleur schon hinter mir. Der Seegang ist aber noch angenehm.
Der Wind dreht auf SW, sodaß ich eine Stunde später östlich der Île Tatihou schon hoch am Wind fahre und die See etwas kabbelig wird. Kurze Zeit später umrunde ich die Südkardinale, die die Flachs bei der Insel bezeichnet und nehme Kurs auf den Leuchtturm von St. Vaast.
IMG_20250606_184051_Ile Tatihou mit Tour Vauban
Als ich in die Bucht einlaufe, kommt eine Formation aus Hercules-Transportflugzeugen vorbei. Einer davon ist mit Invasionsstreifen bemalt und ich stelle fest, daß heute der 81. Jahrestag der alliierten Invasion in der Normandie ist. Mir war es letztesmal nicht aufgefallen, aber St. Vaast liegt unmittelbar nördlich von Utah Beach.
IMG_20250607_102104_Herculesse über Hafenbucht
Um 1900 mache ich am Ponton E fest, so wie im letzten Sommer und melde mich im Hafenbüro an.
Am nächsten Tag ist das Wetter sehr durchwachsen. Der Versuch, beim großen Carrefour einzukaufen schlägt fehl, denn wie in Roscoff hat der Laden auch hier zugemacht. Für eine Wanderung zur Insel Tatihou sind die Gezeiten ungünstig und es ist auch etwas frisch, um barfuß durch Le Run zu waten. Deswegen mache ich einen Spaziergang nach Süden zum Fort de la Houge.
Südlich der Stadt liegt die Bucht Cul de Loup, die bei Niedrigwasser fast trockenfällt und an deren Rand diverse Salzwiesen liegen.
IMG_20250607_104152_Feuchtwiesen
IMG_20250607_105832_St Vaast von Süden
Die Halbinsel La Houge ist über einen Damm zu erreichen. Auf ihr liegt das alte Fort, das natürlich von Vauban entworfen wurde.
IMG_20250607_104203_Fort de la Houge
IMG_20250607_105551_Sentier Tour de la Houge
Ich umrunde die Festung im Schweinsgalopp, denn aus Südwest zieht eine dunkle Regenfront heran. Ein Stück weit muß man über eine Festungsmauer laufen. Zum Glück kommt mir niemand entgegen.
IMG_20250607_111248_Fort de la Houge Wassergraben
Den dicken Schauer warte ich im Schutze eine Hütte des französischen Militär ab, das in der Festung noch eine Radarstation oder dergleichen betreibt. Anschließend laufe ich zum Hafen zurück, wo das Wetter dann soweit aufgeklart hat, daß ich dort noch eine Runde drehe.
Hier die Austernfelder vor dem Ort.
IMG_20250607_142651_Austernfelder in Le Run
Die Hafeneinfahrt bei Niedrigwasser. Das Tor in der Einfahrt ist jetzt geschlossen, damit im Hafen etwas Wasser stehenbleibt.
IMG_20250607_144129_Hafeneinfahrt bei Niedrigwasser
Der Phare de St. Vaast, ganz aus Stahl zusammengenietet.
IMG_20250607_144642_Leuchtfeuer auf Mole
Im Hafen liegen auch ein paar alte bzw. altmodische Boote. Gut gepflegt, aber leider gerade nicht in Betrieb.
IMG_20250607_153556_Alte Schiffe in St Vaast
Später kommt sogar noch die Sonne raus! Für Sonntag ist auch schönes Wetter angesagt, deswegen plane ich, morgen die lange Überfahrt nach Fécamp zu machen. Abends mache ich noch ein Foto von der Île Tatihou mit dem Leichtturm auf der Mole.
IMG_20250607_190052_Ile Tatihou bei Hochwasser
Die Gezeiten und das Wetter passen am Sonntag zusammen, sodaß ich kurz nach Toröffnung den Hafen um 0700 verlasse. Die Wolken und die aufgehende Sonne erzeugen ein schönes Schauspiel - ein gutes Omen. Von der Etappe nach Fécamp aber mehr beim Nächstenmal...
IMG_20250608_071456_Ile Tatihou bei Sonnenaufgang