Segeln mit Akka

Guernsey - Roscoff

Fünf Uhr morgens scheint die einzige Zeit im Hafen von St. Peter Port zu sein, wo es mal wirklich still ist. Es herrscht auch nur wenig Wind, der noch dazu von der steilen Küste gut abgeschirmt wird. Der Hafen liegt wirklich hervorragend geschützt, aber ist vermutlich nur etwas für die Nebensaison wenn nicht so viel los ist.
Ich mache mich jedenfalls mit vollem Tank und vollen Kanistern um kurz vor 6 auf den Weg zur Hafenausfahrt. Der letzte Meter ging sehr schnell, sodaß jetzt schon 2 m Wasser über der Schwelle stehen. Akka braucht nur 1,30 m, also reicht das locker. Im Little Russel - dem Kanal zwischen Herm und Guernsey - ist wenig Strom. Ich biege nach Süden ab und sehe zu, daß ich genügend Abstand von der felsigen Küste halte. Auch diesmal fällt es mir etwas schwer, den Kartenmaßstab mit Entfernungen in der Realität in Verbindung zu setzen. Ich muß daher etwas näher an der Küste fahren als mir eigentlich lieb ist, denn weiter "draußen" kommt schon ein größeres Flach. Das scheint aber genug Wasser zu führen, denn ein Fischer überholt mich, um dort Netze auszulegen.
IMG_20240804_065009_Sonnenaufgang Am südlichen Ausgang des Little Russel geht die Sonne auf. Hier habe ich aufgrund der Flut noch etwas Strom gegen mich, deswegen halte ich mich etwas weiter südlich als der Kurs vorgibt, denn dort ist etwas weniger Strom zu erwarten. Gegen 10 Uhr, ein wenig Wind hilft zum Motorsegeln, sind die Roches Douvres im Süden entfernt zu erkennen. Ein gewaltiger Leuchtturm steht dort. Immer noch bremst mich der Strom, wird aber weniger.
Erst gegen Mittag fängt die Ebbe an, mich zu schieben. Es werden aber leider nicht mehr als 6 kts über Grund daraus. Immerhin sind um 1600 mit 50 Meilen schon zwei Drittel der Strecke geschafft und ich kann die Sept Iles erkennen. Für die nächsten Stunden ist allerdings Geduld gefragt, denn der Strom kentert bereits wieder und stellt mir für die nächste Zeit bis zu 3 kts gegenan bereit. Mit 2 kts über Grund ist es so weit vor der Küste eine zähe Angelegenheit. Die entfernten Inseln scheinen sich kaum zu bewegen! Erst abends gegen 2000 wird der Strom weniger und ich kann langsam daran denken, den Kurs hinter dem Plateau des Triagoz Richtung Roscoff zu ändern. Kurz darauf geht auch schon die Sonne unter...
IMG_20240804_212608_Sonnenuntergang Vorher habe ich noch die Lichter angemacht und gecheckt, daß alle funktionieren. Auch habe ich meine Stirnlampe und den großen Strahler für die Hafeneinfahrt bereitgelegt. In der Karte sehe ich mir nochmal die wichtigsten Lichter, ihre Kennungen und ihre Reichweiten an. Nicht alle sieht man nämlich von Anfang an, sondern die niedrigen tauchen erst später hinter dem Horizont auf als die besonders hohen, die aber weiter weg stehen können. Besonders die Nordkardinaltonne, die ich mir als Ziel ausgesucht habe, läßt lange auf sich warten.
Eine große Herde Delfine sorgt mit vielfältigen Showeinlagen für Abwechslung. Es sind sicher 30 Tiere, die sich um Akka herum vergnügen. Teilweise schwimmen sie so knapp vor Akka vorbei, daß ich mir etwas Sorgen um sie mache, aber es kommt zu keiner Kollision und ich vermute, die haben das auch ganz gut im Griff.
Um 2300 ist nur noch ein leichter Lichterschein am Horizont zu sehen. Dafür leuchten die Sterne umso heller. Es ist allerdings Neumond und somit ganz schön dunkel. Kartenlesen mit der hellen Stirnlampe ist nicht besonders hilfreich, deswegen bewährt sich mal wieder der Kartenplotter. Auch beim Kurshalten - hier ist stellenweise ganz schön Strömung - hilft die COG-Angabe.
Kurz vor Mitternacht ist dann die große Mole von Port Vauban mit dem grünen Licht umrundet und ich drehe im Fährhafen, der zum Glück leer ist, einige Kreise während denen ich Fender und Leinen vorbereite. Hinter der Einfahrt zur Marina sieht es stockdunkel aus - das ist ungewöhnlich, denn eigentlich sind die Stege und Molen von Sportboothäfen gut beleuchtet. Mit dem Strahler leuchte ich mir die Einfahrt kurz genauer aus, um besser zu treffen, und fahre dann langsam hinein. Eine freie Box kann ich voraus erkennen - die wird es notfalls werden, auch wenn sie viel zu groß für Akka ist. Aber nachdem ich die Einfahrt mit den hohen Mauern (jetzt bei Niedrigwasser) hinter mir habe, sehe ich rechts den gut beleuchteten Steg mit der Tankstelle. Dort gehe ich längsseits und kann nach 18 Stunden endlich den gute Tohatsu abstellen. Der hat sich seine Nachtruhe auch verdient.
IMG_20240805_133656_Roscoff Port Vauban Am nächten Morgen werde ich vom Hafendinghy begrüßt und ich bekomme einen schönen Platz weitab vom Trubel am Steiger H. Nach einem kurzen Frühstück lege ich mich nochmal hin und hole etwas Schlaf nach, bevor ich mich auf den Weg ins Städtchen mache. Aber davon nächstesmal mehr!
IMG_20240805_133752_Felsen