Segeln mit Akka

Intermezzo: Der Neuzugang

Die Überquerung der Biskaya hatte mir gezeigt, daß Akka mir zwar meistens ausreicht, ich aber für wirklich lange Strecken und schlechteres Wetter gerne ein wenig mehr Komfort hätte. Letzten Endes ist es auch der Sicherheit zuträglich, wenn man sich wohler fühlt, denn dann kann man mit weniger Streß bessere Entscheidungen treffen. Aus diesem Grund und nicht zuletzt auch, weil der Finanzbedarf für die Reise bisher geringer war als ich befürchtet hatte, hatte ich den Winter über die Augen nach einem etwas größeren Boot mit ähnlichen Charakteristika wie Akka aufgehalten.
Im Dezember hatte ich schließlich ein interessantes Angebot in den Niederlanden ausfindig gemacht. Eine Naver 29, ein Halbtonner aus dänischer Produktion von einem renommierten Konstrukteur, stand zum Verkauf. Ende Januar war ich zur Besichtigung dort und wir hatten uns auf eine Probefahrt und Übernahme Ende März geeinigt.
Am 25. mache ich mich also auf nach Nordosten. Der Avlo bringt mich nach Madrid, ein A320 nach Amsterdam und ein Intercity nach Delft, von wo aus K. und ich am nächsten Morgen nach Friesland weiterfahren. Um kurz nach 12 laufen wir aus zu einer kleinen Probefahrt auf den Kanälen. Alles scheint gut zu funktionieren und ich bin sehr zufrieden mit der Handhabung. Es ist zwar wesentlich größer (8,80 m im Vergleich zu Akkas knapp 7 m), aber trotzdem noch recht handlich. Um 14 Uhr hängt die Naver schon am Kran.
IMG_20250326_141406_Naver am Kran
Die Naver 29 wurde nach der Junker 26 bzw. "Hurley 800" gezeichnet und hat einige Ähnlichkeit mit den beiden. Die Hurley ist zwar keine echte Hurley aus England, aber doch recht ähnlich, und keine Unbekannte für mich. Meine größten Bedenken hatte ich zunächst wegen des angeschaubten Kiels - Akkas Kiel ist in den Rumpf integriert und somit praktisch unzerstörbar. Aber ein Bericht aus Island, wo eine heftige Grundberührung schadlos überstanden wurde, machen einen guten Eindruck und die Kielbolzen wurden erst kürzlich getauscht. Ein Blick in die Bilge bestätigt die sehr robuste Konstruktion und deren guten Zustand.
Auch sonst ist der Zustand des Unterwasserschiffs inklusive Saildrive und Ruder sehr ordentlich. H. besorgt noch eine neue Anode für den Saildrive und das Boot wird erstmal aufgebockt abgestellt, um über Nacht zu trocknen. Das Wetter spielt zum Glück mit!
K. und ich versorgen uns derweil mit Backfisch aus einer Bude am Kanal. Sloten ist eine hübsche kleine Stadt in Friesland mit langer Geschichte. Hier war ich schon ein paarmal mit unterschiedlichen Booten, aber mit viel Tiefgang schafft man es nicht bis hierher.
IMG_20250326_151942_Sloten Muehle
IMG_20250326_181046_Sloten Licht
Von der Marina in Sloten (mit angeschlossener Werft) werde ich allerbestens versorgt. Ein echter Glücksfall, denn ich bin mit Werkzeugen natürlich kaum ausgestattet. Antifouling und Kaffee stehen schon bereit und die Preise für den ganzen Service gehen absolut in Ordnung. Ich lerne auch gleich einen Segler kennen, der sein Boot in der Marina dort hat und sich bestens mit dem Volvo Penta auskennt, der in der Naver verbaut ist. Ich nehme mir vor, später in der Saison noch einmal vorbeizuschauen - nicht zuletzt, weil ich der Werftmannschaft noch einen Kuchen schuldig bin!
IMG_20250328_091708_Zurueck ins Wasser
Am 28. ist das Boot schon wieder im Wasser und mit etwas Proviant gerüstet, damit ich gemeinsam mit K., der derweil bei seiner Ballad in Hoorn nach dem Rechten sieht, die Überführung dorthin machen kann.
Die Aufteilung der Naver unter Deck hat mich vor dem Kauf besonders überzeugt. Das Vorschiff ist zwar relativ klein, der Salon dafür schön groß. Hier gibt es drei anständige Kojen, von denen zwei auch auf See benutzbar sind.
IMG_20250328_152707_salon
Der Ofen macht sich in den kalten Märznächten direkt bezahlt, wobei ich in vor dem Schlafengehen dann doch ausgehen lasse. Bevor ein funktionierender CO-Melder eingebaut ist, traue ich ihm nicht über den Weg.
IMG_20250328_152753_Salon Niedergang
Am 29. geht es los. K. reist aus Hoorn an und wir machen uns gleich auf den Weg. Über das Brandemar und das Grutte Bekken geht es zur Prinses-Margriet-Sluis, wo wir erstmal einige Zeit warten müssen. Anschließend schleusen wir auf das IJsselmeer und können unter Segel die Lemmerbucht nach Westen verlassen.
IMG_20250329_155744_Segeln
IMG_20250329_155733_Kompass
Die Segel ziehen erst ganz ordentlich, aber nach etwa der halben Strecke nach Enkhuizen muß der MD11 wieder arbeiten. Nach dem langen Winter kann es aber auch nicht schaden, wenn er mal wieder richtig warm wird. Enkhuizen erreichen wir kurz nach 18 Uhr und stellen sogleich fest, daß die Schleuse ins Markermeer erst ab April rund um die Uhr besetzt ist und jetzt schon geschlossen ist.
IMG_20250329_175539_Enkhuizen Ansteuerung
Wir suchen und daher einen freien Platz im nächstgelegenen Hafen und gehen erstmal in die Stadt, um etwas zu essen. Das Wetter sieht für den nächsten Tag zwar nicht so prickelnd aus, aber wir verabreden uns doch, am nächsten Morgen die restlichen Meilen bis Hoorn zu machen.
IMG_20250329_183544_Naver Enkhuizen
Der Morgen des 30. bringt erstmal noch weniger Wind als erwartet und so sind wir bald durch die Schleuse und im Markermeer. Es geht dicht unter Land nach Westen, mit Motor gegen den frischen Wind. Hinter dem Hoornsche Hop verlassen wir dann gezwungenermaßen die Landabdeckung und haben nun rund 6 Bft auf der Nase, die auf dem flachen Gewässer eine imposanten Seegang erzeugen. Die Naver schlägt sich jedoch tapfer und mit etwa 30° zum Wind kreuzen wir unter Motor gegenan. Etwas mumlig ist mir dabei schon, denn der Seegang schüttelt den Tankinhalt zum erstenmal seit Monaten richtig durch. Der Tank ist zwar ziemlich neu, aber man kann nicht wissen, was sich an dessen Boden schon so angesammelt hat.
Beeindruckend ist aber schon, wie gut das Seeverhalten des Bootes ist. Obwohl es mit 3 Tonnen nicht undbedingt zu den schwersten Exemplaren in der Größe gehört, setzt es angenehm in die Wellen ein und läßt sich mit relativ wenig Kraft auf Kurs halten. Den kräftigen Motor scheint der Seegang auch kalt zu lassen. Die hohe Sprayhood macht ihrem Namen auch alle Ehre und wir sitzen im Cockpit trocken und windgeschützt.
Schließlich ist Hoorn erreicht und bevor das Motoröl abkühlen kann, bekommt der Motor erstmal einen Ölwechsel. Später verhole ich das Boot noch an seinen festen Liegeplatz und verbringe eine vorerst letzte Nacht an Bord.
IMG_20250331_163157_Grashaven
Am 1. April steht die Rückreise zu Akka auf dem Plan. Das Wetter ist erstklassig und da ich einen Fensterplatz auf der rechten Seite gebucht habe, kann ich einen Großteil der Küste, die ich auf dem Hinweg nach Galizien besegelt habe, betrachten. In Madrid dauert es eine Weile bis mein Gepäck auftaucht, aber ich habe mit ausreichend Puffer zum Zug gebucht, den ich noch pünktlich erreiche. Um kurz vor Sonnenuntergang bin ich wieder in Galizien.
IMG_20250401_205935_Avlo
Den nächsten Tag verbringe ich damit, die Weiterfahrt nach Norden vorzubereiten (Essen und Sprit einkaufen, Wetter gucken, Route planen, usw.). Nach Passage einer Kaltfront soll es ganz anständig werden und auch Wind zum Segeln geben! Das ist erfreulich und hilfreich, denn ich muß mich jetzt ein bißchen sputen, wenn ich Ende Juni wieder zurück sein will...
IMG_20250402_173938_Kaltfront