Segeln mit Akka

L'Aber Wrac'h und das Ende der Welt

Eine Bar in L'Aber Wrac'h (das Dorf heißt wie der Aber, der Meeresarm, selbst) hat einen Laden integriert, bei dem man Brot und die nötigsten Lebensmittel bekommt - inklusive lokaler Spezialitäten. In der Bretagne wird überall gutes Bier gebraut, wie sich herausstellt. Der Cidre ist aber natürlich das traditionelle Getränk hier. Ich decke mich also ein wenig ein, halte mich aber ans Brot für das erste Frühstück hier. Anschließend mache ich mich auf den Weg, die Gegend zu erkunden. Es geht ordentlich den Berg hoch. Ich folge der Beschilderung zu einem Sémaphore, von dem aus früher das Meer beobachtet und Nachrichten weitergeleitet wurden. Nachdem 1978 der Öltanker Amoco Cadiz vor dieser Küste auf den Felsen von Portsall aufgelaufen ist, wurde das System jedoch verbessert und die alte Station von hier gibt es nicht mehr. Der Blick ist aber dennoch toll. Das erste Bild zeigt die Zufahrt zum Hafen, noch etwas bewölkt.
IMG_20240808_133101_Aber_Einfahrt Das Wetter wird aber schnell besser, die Wolken und der Regen kommen und gehen hier ziemlich schnell. Kurz danach sieht es schon sehr heiter aus und man kann über die Felsen hinweg den ganzen Aber überblicken und auf der rechten Seite sogar den gigantischen Leuchtturm von Île Vierge, der mich hergeleitet hat.
IMG_20240809_114756_Aber_Ile_Vierge Bevor ich den Hügelrücken zum nächsten Aber, L'Aber Benoit, überquere geht der Weg noch einmal am Strand entlang. Dort überrascht mich eine Jolle des Typs La Prairie "Surf" - so eine hatte ich früher auch mal! Das Boot wurde in Frankreich vor langer Zeit gebaut, aber ich hatte nicht damit gerechnet irgendwann eine zweite zu treffen.
IMG_20240809_113836_Surf Der andere Aber ist auch sehr hübsch. Vor einem netten Campingplatz tut sich ein weiter Sandstrand auf, der in einer tiefen verwinkelten Bucht liegt und somit auch vor Strömungen gut geschützt ist.
IMG_20240809_122651_Strand_AberBenoit Auf dem Rückweg schaue ich noch beim Supermarkt in Ladena, dem Ort auf dem Bergrücken, vorbei und decke mich mit den Dingen ein, die der Miniladen im Dorf nicht hat. L'Aber Wrac'h ist, obwohl das Dorf so klein ist, offenbar ein großer Wassersportort. Der Meeresarm ist gut geschützt und hat recht große Wasserflächen, sodaß es hier alles gibt, was schwimmen kann. Das findet auch gerne im kleinen Hafen statt.
IMG_20240809_192049_Segeln_Hafen Abends werde ich von einem Australier auf meinen Windpiloten angesprochen. Er ist mit einer Run 37 auf dem Weg von Schweden, wo er seine Zelte abgebrochen hat, nach Australien. Und weil sein elektrischer Autopilot derzeit kaputt ist, ist er auf der Suche nach Alternativen. Aufgrund von sehr viel "Crap" am Heck seines Schiffs ist da aber gar kein Platz für. Später kommt er noch einmal vorbei und lädt alle Yachties am Fischersteg zum Bier in der Bar des lokalen Segelclubs ein. Dort ist, wie sich herausstellt, heute (Freitag) auch Livemusik. Eine kleine Band aus der Gegend spielt Surfrock. Etwas laut, aber anständig.
IMG_20240809_202604_Band Es findet sich eine lustige Gruppe aus Seglern zusammen. Ein spanisch-französischer Kapitän, der auch segelnd schon mehrfach über die Biskaya und den Atlantik gesegelt ist, gibt gute Ratschläge. Am nächsten Tag soll es nach Westen, nach Brest gehen, deswegen soll es nicht so spät werden, aber wird sind trotzdem die letzten, als es um halb elf dann auch zu kalt wird, um sitzenzubleiben.
IMG_20240809_222614_Akka_Sunset Am nächsten Morgen prüfe ich noch einmal die Windvorhersage, denn im Chenal du Four kann es reichlich Strömung geben, und das alte Lied von Wind gegen Strom gilt hier ganz besonders. Aber einerseits geht es gerade Richtung Nippzeit, wo sich wenig Strömung bildet, und der Wind soll schwach aus Südwest kommen. Zum Segeln, natürlich, nicht besonders gut, wenn man in die Richtung möchte, aber zumindest sollten die Bedingungen im Chenal du Four recht zahm sein. Trotzdem wird es spannend - immerhin hat das lokale Bier keine besonderen Spuren hinterlassen, und die morgendliche Frische hilft auch.
IMG_20240810_090503_Abfahrt Bei Tageslicht ist es einfach, die Ausfahrt zwischen den Felsen zu finden, und man kann sogar ein wenig abkürzen. Zwischendurch ist auch mal Segeln möglich, aber ich wechsle bald wieder zum Motorsegeln und Groß allein, auch wenn größere Yachten nach Südwesten kreuzen. Aber die sind auch schneller und wenn die zum Motoren wechseln, machen sie eher 7-8 Knoten als Akkas 5. Ich halte wieder etwas Abstand von der Küste, damit der Schwell nicht so nervt. Gegen 12 sollte eigentlich der Strom kentern, aber es herrscht immer noch etwas Gegenstrom. Der bekannte Leuchtturm Le Four (der von dem Bild wo die Welle den Leuchtturm fast überspült, während der Leuchtturmwärter in der offenen Tür steht) ist im Südosten zu sehen. Das müßte das Cap Finistère, das Ende der Welt, sein. Zumindest das der Franzosen, denn in Spanien gibt es das auch nochmal (als Cabo Finisterre).
IMG_20240810_114529_LeFour Der Chenal du Four zeigt sich absolut von seiner freundlichen Seite. Im Westen sind die Insel Ouessant mit ihren hohen Klippen und der kleine Hügel der Île Molène zu sehen. Der Strom hilft nun endlich ein wenig und wird zum Südende des Chenal auch stärker. Das ist der Rest der Tide, die später wieder kentern soll, um mich mit der Flut durch den Goulet nach Brest zu schieben. Um 1430 ist Cap St. Mathieu erreicht. Der Leuchtturm ist auch einer der wichtigsten an dieser Küste und das Cap ist seit Urzeiten ein besonderes, wie die vielen Bauwerke darauf zeigen.
IMG_20240810_143634_StMathieu Nach dem Kap kann mir die Tide erstmal nicht mehr viel anhaben und im schwachen Südwind versuche ich mein Glück mit etwas Segeln. Es geht nicht schnell voran, aber eine halbe Stunde Ruhe sind mal ganz schön. Als die Fahrt deutlich unter zwei Knoten bleibt, muß der Tohatsu wieder an die Arbeit. Bei schönsten Sonnenschein geht es ausnahmsweise mal nach Osten. Es sind noch ein paar Meilen, und es ist reichlich Zeit, sich die Gegend anzusehen und sich vorzustellen, wie hier England Ende des 18. Jahrhunderts lange Zeit den wichtigen Marinehafen von Brest belagert hat. Um halb fünf liegt Le Petit Minou, lange Zeit eine wichtige Festung, heutzutage wichtige Seezeichen, querab und der Goulet de Brest beginnt. Die letzte Meerenge von nur einer Meile Breite, die zur Rade de Brest führt, einer sehr großen Bucht von rund 70 Quadratkilometern Fläche.
IMG_20240810_162538_LePetitMinou Ich bleibe im Passe du Nord und lasse die häßlichen Felsen in der Mitte der Einfahrt südlich liegen. Der Strom schiebt ganz anständig und bald taucht der Marinehafen von Brest mit der Stadt dahinter auf. Die großen U-Boot-Bunker ganz im Westen sind eines der vielen Überbleibsel aus dem zweiten Weltkrieg, von denen die ganze Küste reichlich zu bieten hat. Kaum ein Kap, an dem keine Bunker zu finden sind.
IMG_20240810_170253_Brest_Bunker An Brest muß ich noch vorbei, denn die Marina, die ich mir ausgesucht habe, liegt am westlichen Ende der Stadt. In Moulin Blanc gibt es nämlich eine große Auswahl an Läden für Bootsbedarf, die es in der Stadtmarine offenbar gar nicht gibt. Nach rund neun Stunden, davon acht mit Motor, ist sie endlich erreicht. Der kleine Tohatsu hat jetzt seit der letzten Wartung knapp 130 Stunden gearbeitet und hat im Standgas keine rechte Lust mehr, aber das Phänomen kenne ich schon und habe die Anfahrt zum Steg entsprechend geplant. Da ich nun ohnehin erstmal auf ein Wetterfenster für die Biskaya warten muß, ist die Motorwartung schon fest eingeplant. Doch davon mehr beim nächstenmal!
IMG_20240811_095107_Motor