Segeln mit Akka

Nach Gouda

Endlich geht es "wirklich" los! (Es kommen später noch ein paar Steigerungen davon, denn zuerst kenne ich die Gegend noch und die Fahrt auf den Kanälen ist mir vertraut.) Das erste Zwischenziel ist Gouda in Südholland, wo ich für Samstag mit K. verabredet bin.
Am Mittwoch, den 3.7. ist der Wind noch günstig - West 3-4 Bft, später leicht norddrehend, am Donnerstag dann deutlich auffrischend auf 6 Bft und mehr. Da möchte man nicht auf dem Markermeer, bzw. dann auf dem Stück nach Westen "IJmeer", gegenan. Die ersten Meilen der Reise werden unter Segel absolviert. Mit Halbwind bis zum Leuchtturm von Marken und anschließend ein Stück kreuzen nach Westen bis ich keine Lust mehr habe. Die letzte Stunde schiebt der Motor Akka bis zum ehemaligen Fischerort Durgerdam, vor dem man gut auf 2 m Tiefe ankern kann. Die Skyline und der Verkehr auf der Buiten-IJ macht deutlich, daß Amsterdam gleich um die Ecke liegt.
IMG_20240703_193438_Durgerdam Am nächsten Morgen (Do, 4.7.) geht es ganz früh los, denn die Schellingswouderbrug wird während des Berufsverkehrs zwischen 0700 und 0900 nicht für Yachten geöffnet. Verständlich, deswegen also besser vorher durch. Außerdem ist dann in Amsterdam noch nicht so viel Trubel. Leider ist die Fernbedienung für die Brücke defekt und Personal vor Ort kommt erst um 1000. Deswegen gibt es ein ausgedehntes Frühstück vor der Brücke. Um kurz nach 10 geht es dann aufs Binnen-IJ, das Stadtgewässer von Amsterdam, an dem auch der Hauptbahnhof liegt.
IMG_20240704_104248_Amsterdam Irgendwann westlich von der Innenstadt wechselt der Name des Gewässers in Nordzeekanaal, der in IJmuiden einen Zugang zur Nordsee bietet. Auf dem Kanal sind imposante Schiffe unterwegs, die in die diversen Häfen von Amsterdam fahren. Deswegen hält man sich am besten im Fahrwasser ganz weit rechts. Hier ist viel los, nur nicht besonders viele Yachten. Bei 5-6 Bft aus West muß der Motor ordentlich arbeiten. Um halb eins ist die Einfahrt zum Zijkanaal C erreicht, dem ich nach Süden folgen werde. Kurz danach kommt die Rijnlandsluis, an der etwas Warten angesagt ist. Danach geht es im Konvoi mit ein paar anderen Yachten durch Haarlem. Hier steht auch die erste von vielen Windmühlen, die mir unterwegs begegnen.
IMG_20240704_151909_Muehle Vor der Cruqiusbrug dann die nächste Verwirrung. Die Brücke ist geschlossen, kein Personal in Sicht und die Funkverbindung unverständlich. Ein Baustellenschild meldet die Sperrung der Brücke zu bestimmten Zeiten, die sind aber seit vier Wochen eigentlich vorbei. Nach einer halben Stunde Warten dann die Erleuchtung: Zwei Binnenschiffe biegen um die Ecke. Offenbar wurde auf die beiden gewartet, um die Straße nicht zu lange zu blockieren. Hinter den Frachtern eiert noch ein schwimmendes Wohnmobil des Typs "Le Boat" herum. Diese Geräte werden meist von unerfahrenen Chartergästen bedient, zeichnen sich durch eine erratische Fahrweise aus und sind sicherheitshalber ringsum mit Fendern behängt. In der schmalen Brückendurchfahrt hinter den Frachtern, die reichlich verwirbelte Strömung erzeugen, lasse ich mich vom Le Boat etwas aus dem Konzept bringen und verhake Akkas Relingstütze mit Baustellenmaterial. Das senkt die Stimmung erstmal.
IMG_20240704_165421_Binnenschiff Nicht viel besser wird danach, denn die Frachter fahren mit knapp 3 Knoten und sind nicht zu überholen. Platz genug wäre zwar, aber sie erzeugen zwischen sich und den Ufern so viel Strömung, daß Akka mit viel Mühe nur an einem der beiden vorbei kommt. Danach dauert es noch zwei Stunden bis die beiden in Lisse festmachen und ich freie Fahrt habe. Das Le Boat bleibt auch schnell zurück und ansonsten ist kein Verkehr. Bei dem kühlen Wind aber auch kein Wunder. Bis zu den beiden Brücken der A44 und einer Eisenbahnbrücke fahre ich noch, aber um 2000 ist es dann genug und ich mache an dem Warteplatz vor der Brücke fest und sichte die Schäden an der Reling. Zum Glück habe ich Werkzeug, eine lange Schraube (und Sikaflex!) dabei, sodaß die Sache schnell repariert ist. Ein schöner Sonnenuntergang entschädigt etwas dafür, daß der Liegeplatz nicht besonders windgeschützt ist und beim Festmachen mein bester Bootshaken über Bord geht und nicht mehr zu retten ist.
IMG_20240704_212955_Sonnenuntergang Am nächsten Morgen geht es wieder früh los. Um 0630 ist die gemeinsame Brückenöffnung angekündigt, die mit der Eisenbahn koordiniert werden muß. Das klappt sogar und ich kann dahinter am Warteplatz frühstücken. Für heute sind erst noch einige üppige Schauer angekündigt. Der Wind ist dafür etwas schwächer als gestern. Nach einer weiteren kleinen Brücke in einem sehr ruhigen Dorf erreiche ich das Brassemermeer, einen hübschen See mit Häusern von zweifelhafter Architektur am Ufer. Eines macht den Eindruck, als ob sich Frank Lloyd Wright und Mies van der Rohe für ein Projekt zusammengetan hätten, aber sich nicht einigen konnten. Das ganze garniert mit einen Reetdach - einfach herrlich. Zum Ausgleich gibt es hübsche Windmühlen (zum Wasser pumpen) unterwegs. Die Schauer halten sich zum Glück zurück.
IMG_20240705_082029_Wolken_Brassemermeer Am Ortseingang von Alphen treffe ich auf zwei Yachten, Sala aus Norwegen und Coco aus den Niederlanden, mit denen ich im Konvoi durch die Stadt fahre. Der Kanal ist eigentlich das Flüßchen Gouwe, an dem auch Gouda liegt. Hier gibt es imposante Hebebrücken, die nicht klappen sondern die ganze Fahrbahn anheben. Damit das Brückenpersonal weiß, wie hoch sie die Brücke heben müssen, muß man sich per Funk anmelden und die gewünschte Durchfahrthöhe angeben. Mit Akka reicht die niedrigste Stufe, aber Sala braucht die zweite, also werden die Brücken auf 24m gehoben.
IMG_20240705_093712_Hebebruecke Interessant ist auch ein schmales Stück durch Alphen, auf dem man sich melden muß, damit die Passage mit Frachtschiffen koordiniert werden kann, die hier fahren können. Daß das nicht zum Spaß passiert, wird klar, als unserem Konvoi an einer Hebebrücke, an der wir warten müssen, ein solches begegnet.
IMG_20240705_105353_Containerschiff mit Bruecke Ein letztesmal Warten ist noch vor einer großen Eisenbahnbrücke direkt vor Gouda angesagt. Danach ist der Abschnitt geschafft und ich laufe um 1250 in den Vereinshafen des WV Gouda ein. Ein hübscher kleiner Hafen, nicht allzuweit entfernt von der Innenstadt von Gouda. Am Samstag ist dann Pause angesagt und K. kommt aus Delft angereist. Gemeinsam besichtigen wir die Stadt (mal wieder) und vergessen auch nicht, bei der Stroopwafelmuur einzukaufen. Ein schöner Tag und das dreieckige Rathaus zeigt sich von seiner besten Seite.
IMG_20240706_194122_Rathaus Gouda
Nächstesmal: Maas, IJssel, Rhein?
IMG_20240707_072926_Wegweiser