Rías Baixas, Teil 5: Ría de Vigo
Am 30.9. verlasse ich Moana noch auf der Suche nach einem geeigneten Winterquartier. Die Marina von Punta Lagoa hat einen guten Ruf, was den Schutz vor Schwell angeht, und da sie direkt gegenüber von Moana ist, fahre ich als nächstes dorthin. Es weht praktisch kein Wind, aber der kleine Tohatsu schiebt uns in einer Stunde gemütlich hinüber. Die Marina ist am Eingang noch sehr großzügig bemessen und wird in Richtung der Stege für kleinere Boote immer enger. Zum Glück kann ich den Motor in seinem Schacht drehen, sodaß Manövrieren auch auf engstem Raum kein Problem ist. Mit etwas Glück finde ich am Steg für Boote bis 8 Meter noch einen letzten freien Platz, an dem ich auch bleiben darf. Neben der hohen Kaimauer ist Akka bestens geschützt, aber die Aussicht läßt sehr zu wünschen übrig. Vom kleinen Strand aus ist der Blick über den Hafen aber doch ganz nett.
Vom benachbarten Hügel Richtung Westen ist der Blick sogar noch besser.
Leider ist der Hafen zwar gut geschützt, aber zum Einkaufen in einer ziemlich belebten Straße ist es ein ganzes Stück zu laufen. Außerdem ist der Hafen bis auf den Werftbetrieb ziemlich ausgestorben. Vermutlich liegen hier hauptsächlich Boote von Leuten, die eine zeitlang ihr Boot verlassen mußten und nach Hause geflogen sind. Zum Flughafen Vigo ist es nicht weit. Aber das macht den Hafen nicht gerade attraktiv zum Überwintern an Bord. Der Regen, der in den Tagen hier zufällig noch in großen Mengen fällt, macht die Sache noch etwas trostloser.
Am 3.10. lasse ich Punta Lagoa hinter mir und sehe mir erstmal die große Bucht "Ensanada de San Simon" an. Hier soll man schön ankern können. Da mal wieder kaum Wind weht, und es auch nicht sehr weit ist, muß der Motor wieder ran. Eben rechts abgebogen nach der Hafenausfahrt kommt auch schon die große Autobahnbrücke in Sicht, die die Ría an der engsten Stelle überquert.
Nach der Brücke geht es zwischen den üblichen Muschelflößen hindurch ein Stück in die Ensanada hinein, bevor ich nach Norden abbiege. Ich ankere auf der Westseite der Bucht vor dem Örtchen Cobres. Erstaunlicherweise hält der Anker erst nicht. Als ich ihn wieder hochhole, ist von ihm unter viel zähem Gewächs kaum noch etwas zu sehen. Kein Wunder also, daß er sich nicht eingräbt. Beim zweiten Versuch habe ich mehr Glück.
Leider ist es an diesem Ankerplatz nicht besonders ruhig, denn die Autobahn führt am Hang oberhalb der Stadt entlang und sorgt für einigen Lärm. Und nachdem ich beim Landgang feststelle, daß Cobres nicht einmal mehr eine Einkaufsmöglichkeit hat, fällt die Entscheidung nicht schwer, hier am nächsten Tag gleich wieder aufzubrechen. Vielleicht ist die Südseite der Bucht doch besser geeignet. Zuerst allerdings muß die Frage des Winterquartiers geklärt werden, weswegen ich wieder die Brücke unterquere und nach Westen Richtung Cangas fahre.
Zweieinhalb Stunden Motoren bringt uns dorthin. Tiefe Wolken und Sonne im Wechsel geben ein interessantes Licht. Leider ist es am nächsten Tag wieder etwas grau. Cangas scheint ein netter Hafen zu sein. Die Marina wird vom örtlichen Ruderclub betrieben, bei dem allerhand Sorten Wassersport angeboten werden, keineswegs nur Rudern. Es gibt die hiesigen klassischen Ruderboote für acht (glaube ich - ich muß bei Gelegenheit mal zählen) Leute mit langem Steuerruder am Heck, Kanadier für eine Person, die superschmal und kippelig sind, SUPs, Windsurfen, Wingfoilen, Optis, Laser, usw.
Ich fahre am Samstag aber erstmal wieder nach Vigo, von hier fährt auch eine Fähre, um mich mit etwas Funktionskleidung zum Wandern bei Nässe auszustatten. Unten ein Bild vom Hafen von der Fähre aus.
Der Einkauf ist erfolgreich und da es immer wieder regnet, kann die neue Jacke gleich ihre Tauglichkeit beweisen. Beim Auslaufen der Fähre kommen wir am Großsegler Alva aus Schweden vorbei. An dieser Stelle scheinen immer mal wieder Großsegler festzumachen. Ohnehin ist Vigo wohl ein Ort, der dafür prädestiniert ist. Ein paar Tage später kommt mir auf dem Rückweg von Baiona das Vollschiff Sørlandet entgegen.
Cangas hat auch in der Umgebung einiges zu bieten. Diverse Strände sind bei dem etwas grauen Wetter zwar nicht sehr einladend, aber es gibt ein paar schöne Spazierwege mit interessanten Orten unterwegs, wie dieser alten Fischfabrik, ...
... einer alten Werft (glaube ich), ...
... und der obligatorischen Kappele auf dem Berg.
Der Hafen ist auch bei den Möwen und Silberreihern sehr beliebt. Erstere sammeln gerne Muscheln, die an Stegen und alten Fendern haufenweise wachsen, und knacken diese auf dem Fingersteg.
Seine Eignung als Winterhafen stellt Cangas in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober unter Beweis. In dieser Nacht kommt der ehemalige Hurricane Kirk aus der Karibik nach seiner Atlantiküberquerung in Galizien an Land. Besonders viel Schlaf bekomme ich nicht, aber glücklicherweise ist außer einem durchgescheuerten Festmacher kein Schaden zu beklagen. Diese hatte ich ohnehin vorher verdoppelt, um Redundanz für diesen Fall zu haben. Die große Mole, die den Hafen umgibt, hält auch den meisten Schwell ab. Es ist dennoch beeindruckend, wie sich die Boote unter den Böen neigen. Am Morgen wird die stärkste mit 67 Knoten gemessen. An Land sind erstaunlicherweise nur einige wenige Bäume umgefallen und die Eukalyptusbäume mußten Federn lassen.
Mit diesen guten Erfahrungen fällt es mir nicht schwer, den Liegeplatz in Cangas fest zu buchen und verspreche, Ende Oktober wiederzukommen. Erstmal will ich aber noch die Ría de Vigo etwas weiter erkunden. Zunächst beschließe ich, der Ensanada de San Simon noch eine Chance zu geben und fahre am Donnerstag, den 10.10. die acht Meilen dorthin zurück. Diesmal ankere ich auf der Südseite der Bucht im Porto de Cedeira. Abends mache ich einen kleinen Ausflug mit dem Dinghy den Fluß Richtung Redondela hoch. Beim Rückweg entsteht dieses Bild von Akka vor dem hohen Hügel, der die Bucht Richtung Westen umschließt.
Am Freitag ist es sehr regnerisch, aber am Samstag klart es auf und ich paddele ans Ufer, um Redondela zu besuchen und einkaufen zu gehen. Ich lande mit dem Dinghy an der Mündung eines kleinen Bachs von wo aus der Fußweg in den Ort beginnt. Beim Blick zurück zu Akka erscheint ein schöner Regenbogen über der Bucht.
Das Dinghy gut gesichtert mache ich mich auf den Weg.
Erstmal geht es mächtig den Hügel hinauf, aber schnell wird man mit einem tollen Ausblick belohnt.
Redondela ist ein netter kleiner Ort an einem der vielen Jakobswege. Im Tal zwischen hohen Hügeln gelegen gibt es hier haufenweise große und kleine Brücken.
Der Spaziergang wird etwas länger als erwartet und es wird später Nachmittag bis ich, mit Einkäufen bepackt, wieder zurück an Bord bin. Am nächsten Tag paddele ich zur Insel San Simon mit der Absicht, dort eine kleine Besichtigung zu machen. Leider werde ich von einem netten Wachmann darauf hingewiesen, daß dazu leider eine Genehmigung erforderlich ist, wenn man nicht mit einer der Fähren ankommt. Er gibt mir aber die Emailadresse, der galizischen Behörde, die dafür zuständig ist. Das Ganze scheint kein Problem zu sein, erscheint mir aber doch ein wenig umständlich, zumal an diesem Sonntag nicht mit einer schnellen Antwort zu rechnen ist. Aber dafür sehe ich mir die Inseln vom Wasser aus an und finde die Statue von Kapitän Nemo. In der Geschichte von Jules Verne hat Nemo sein Vermögen mit dem Heben des Schatzes gemacht, der hier in der Bucht bei der großen Seeschlacht verlorengegangen sein soll. Vielleicht zeigte dort der Regenbogen hin?
Bei dem herrlichen Wetter muß natürlich auch die hübsche Akka nochmal abgelichtet werden.
Für Dienstag haben sich N. und F. angekündigt, um mich auf der Durchreise nach Süden zu besuchen, also geht am Montag der Anker wieder auf und ich mache mich auf den Weg nach Moana. Vorher schaue ich noch einmal bei der Insel San Simon vorbei und verlasse dann die Bucht durch die Muschelflöße.
Danach ist es nicht mehr weit bis in den Hafen, wo man mich und Akka bereits kennt.
Das Wetter verschlechtert sich leider wieder ein bißchen (kalt ist es zum Glück zu keiner Zeit!). N. und F. haben ein paar Autoprobleme mitgebracht, die allerdings mit roher Gewalt zu lösen sind, und getestet wird das "reparierte" Auto dann mit einem Besuch auf dem Monte Faro. Die 600 Höhenmeter meistert es einwandfrei, nur leider ist die tolle Aussicht heute etwas durch Wolken unterbrochen.
Umso mehr erfreuen wir uns an den riesigen Mengen Maronen, die dort herumliegen. Bevor die beiden weiterfahren, besuchen wir ein lokales Restaurant, das einen etwas improvisierten Eindruck macht, aber aus dem es gut riecht. Unsere Nasen haben recht und das aufgetischte Menü ist ausgezeichnet und reichlich.
Ein paar Tage später, zwischendurch muß ja auch mal gearbeitet werden, mache ich mich an den Aufstieg auf einen anderen der umliegenden Berge von Moana. Dieser hat nur rund 350 Meter und keine Antennen auf dem Gipfel, dafür ein großes Kreuz, das man auch vom Ufer aus sehen kann. Entlang eines Bachs geht es das erste Stück bergauf. Überall, so auch hier, trifft man auf die alten Lavadoiros, wo früher Wäsche gewaschen wurde. Viele von diesen sind wieder restauriert worden, werden aber natürlich nicht mehr genutzt. Dieser hier ist von recht einfacher Bauart ohne Dach.
Die Wolken haben sich noch nicht recht verzogen und so ist es teilweise sehr neblig im Wald.
Nahe des Gipfels wird es schon heller. Hier sieht man wieder was die Nässe und Wärme der Gegend für die Flora tut. Beeindruckende Flechten, Farne und Moose überall.
In der Nähe des Kreuzes geben die Wolken schließlich den Blick auf die Ría und Moana frei. Da heute Springzeit ist, und gerade Niedrigwasser, zeigt sich das Delta des kleinen Flusses, der in Moana mündet, ganz besonders schön im Gegenlicht. Ein Segler, der zwischen dem Strand und den drei Muschelfößen geankert hat, hat sich wohl etwas verrechnet und liegt auf Grund.
Nach dem Wochende kündigt sich für die Wochenmitte nochmal richtig schönes Segelwetter an, das ich für einen Ausflug nach Baiona nutzen möchte. Hier war ich noch nicht, und der Ort soll recht sehenswert sein. Als letzte Stadt mit Hafen vor Portugal ist Baiona auch bei Seglern, die weiter in den Süden wollen, sehr beliebt. Am Dienstag, den 22. Oktober verlasse ich als Moana zum vorerst letztenmal und setze sogar die Segel, denn es weht Wind!
Dazu aber mehr beim Nächstenmal...